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Der Fischer lauscht dem Wasser

Diese Geschichte scheint eine eigenständige Skandaj-Geschichte zu sein und stammt, so der Erzähler, wohl aus der Yukon-Region in Alaska oder Kanada und wird auf die zweite Hälfte des 19. Jh. datiert. Eintragung der Geschichte ins Register: 18. 4. 1956 von M. Nussquammer-Ciséan. Nach ihren Angaben wurde ihr die Geschichte von einem Mann namens Francis Wakoc erzählt. Von ihm stammen im Register noch weitere Geschichten.


An einem Fluss sass ein Skandaj und fischte. Er sass dort schon lange, denn es hatte am Tag zuvor geregnet und der Fluss trug viel zu viel Wasser mit sich als dass man hätte Fische fangen können. Dem Skandaj war es egal. Er sass da und lernte über das Wasser. Gegen Mittag kam ein anderer daher und fragte: «Aju, was tust du da? Der Fluss trägt viel zu viel Wasser zum Fischen!» «Oh das weiss ich, ich sitze hier und lerne über das Wasser. Die Rute habe ich nur aus Gewohnheit bei mir.» «Und was lernst du über das Wasser?» «Ich lerne, dass es hinter den Steinen weniger Strömung gibt. Und ich lerne, dass die jungen Bäume am Ufer nicht mitgerissen werden. Ich lerne, dass sich das Rauschen in Stimmen auflöst, wenn man genau hinhört.» «Und was sagen die Stimmen?» «Das weiss ich noch nicht, ich spreche die Sprache des Wasser noch nicht.» «Dann hör weiter zu, und erzähl mir am Abend davon.» Er liess den fischenden Mann sitzen und der sah weiter auf das Wasser hinaus. Am Abend trafen sie sich am Feuer vor den Zelten. «Und, hast du erfahren was das Wasser spricht?» «Gewiss habe ich das, ich habe erfahren, dass es gestern in den Bergen geregnet hat.» «Nun, das ist nicht gerade eine Neuigkeit. Alle hier wissen, dass es gestern regnete.» «Das weiss ich, aber mir hat es das Wasser erzählt! Vielleicht wird es mir morgen etwas erzählen das ihr nicht wisst.» Die Tage vergingen und eines Tages kam der Skandaj der dem Wasser lauschte wieder vom Fluss. In der einen Hand hielt er einen Spaten und ein Tuch, in der anderen einen Beutel. «Das Wasser hat wieder zu mir gesprochen. Dieses Mal sagte es mir, wo ich Gold finden würde.» Und damit entleerte er den Inhalt des Beutel in seine Hand und diese war voll von Gold. «Und was machst du nun mit dem Gold?» «Das weiss ich noch nicht. Ich werde mich in mein Zelt setzen und ihm zuhören.» Es vergingen vier Tage, bis der Mann wieder aus seinem Zelt kam. Schnurstracks ging er zum Fluss. Als er zurück kam fragten ihn die anderen: «Und, hat das Gold zu dir gesprochen?» «Ja das hat es. Ich habe es wieder dahin zurückgebracht, wo ich es gefunden habe.» «Wieso hast du das getan? Wir hätten daraus Schmuck machen können oder es gegen andere Dinge tauschen!» riefen sie empört. «Das habe ich dem Gold auch gesagt, aber es sagte mir folgendes: ”Wenn ihr plötzlich mit Schmuck aus Gold Handel treibt, wird man fragen, wo ihr das Gold her habt. Die Siedler werden neugierig und neidisch werden. Sie werden mit Waffen kommen und mich zwingen ihnen zu sagen wo das Gold her ist. Wir würden keinen Frieden mehr haben.” Ich habe die Worte des Goldes überdacht und musste ihm recht geben. Daher habe ich es zurück in den Fluss gebracht.» «Und was nun?» «Nichts nun, ich gehe jetzt fischen!»